PFERDELAND BRANDENBURG 2020
PFERDELAND BRANDENBURG 11 ISLANDPFERDE-SZENE Die 24-jährige Reiterin aus Beelitz konnte bei der Weltmeisterschaft den siebten Platz im Speedpass P2 belegen und ist stolz auf ihre Teilnahme. Sie haben erfolgreich an der Islandpferde-WM teilgenommen. Was bedeutet Ihnen das? Konkret als Ziel hatte ich das nie, das hat sich erst ent- wickelt. Dass ich nun dabei war, kann ich immer noch nicht fassen. Ich bin sonst zu Hause in „meinem“Wald geritten, am See. Das fühlte sich nie nach Leistungssport an. Ich bin zufrieden, wenn das mir zur Verfügung ge- stellte Pferd und ich das für uns Bestmögliche geschafft haben. Bei derWMwar es sehr aufregend. Krummi, das Pferd, das ich geritten bin, war durch Umgebung und Unterbringung gestresst. Deshalb bin ich stolz, dasswir trotzdem so gut abgeschnitten haben. Sie haben gerade den Bachelor in Pferdewissenschaften abgeschlossen – ein sinnvolles Studium? Ichwar skeptisch. Die Islandpferdeszene ist ja doch besonders, man hat Vorurteile gegenüber den Groß- pferden, ist selbst auch eingefahren. Aber ich habe da unheimlichviel gelernt, konnte eine Ausbildereignungs- bescheinigung machen, sodass ich Azubis ausbilden darf. Daswird mir beruflich in jedem Fall helfen. Würden Sie beruflich gerne in Brandenburg bleiben? Schwierig. Ich hätte in Zukunft gerne einen eigenen Hof. Und Brandenburg ist dafür sehr gut geeignet, weil es große Flächen hat, man kilometerweit reiten kann, auf Sandbö- den, nicht nur auf Schotter oder steil bergauf und bergab. Zudem habe ich hier als Bereiterin und Reitlehrerin schon einen Kundenkreis. Auf der anderen Seite ist Brandenburg nicht das Zentrum der deutschen Islandpferdeszene. Es gibt ein Süd-Nord-Gefälle bei dem, was die Leute bereit sind, für Pferde auszugeben. Hierher müssen Kunden eine deutlich längere Strecke zurück- legen. Geldverdienen ist deshalb nicht einfach in Brandenburg. Meinen Sie, dass für Brandenburg und die Pferde- haltung hier das Thema Klimawandel künftig eine Rolle spielen könnte? 2017, imGewittersommer, habenwir über die angebliche Versteppung Brandenburgs noch sehr gelacht. Aber vergangenes Jahr war die Situation aufgrund der Trockenheit so ernst, dass sich die Preise für Heu teilweise verdreifacht haben. Wir beobachten ganz klar, dass sich die Zusammen- setzung der Vegetation ändert, der Grasanteil auf den Flächen geht zurück, der Anteil der Beikräuter nimmt zu. Für die Pferdewächst einfach das Falsche und das könnte künftig schon problematischwerden. Was unterscheidet Islandpferdereiter von anderen? In Island sind die Pferde nicht einfach nur Nutztiere, sondern sie gehören mit zur Familie. Daher ist meiner Meinung nach die Grundeinstellung gegenüber den Pferden sehr harmonisch und „pro Pferd“. Allerdings sehe ich, dass im ganz großen Sport auch bei den Islandpferden zunehmend Abstriche gemachtwerden. Da ist der Zuchtfortschritt, der Anspruch der Leute geht immer mehr in Richtung Perfektion und über Grenzen hinaus, die es früher so nicht gab. Ich bin gespannt, wie die Szene sich entwickelt. Einige Züchter von Islandpferden sind der Meinung, Tölt sei nicht so wichtig. Wie sehen Sie das? Ja, es gibt da zwei Ansätze. Entweder man sagt, Islandpferde haben ihre Daseinsberechtigung alleinwegen des Megacharakters. Schritt, Trab, Ga- lopp reichen, da machen unerfahrene Reiter nichts kaputt. Für solche Pferde gibt es durchaus einen Markt. Siewerden gerne in Reitschulen oder als einfache Familienpferde genutzt. Oder man liebt es individueller, anspruchs- voller. Die taktklaren Gänge zu trainieren, ist allerdings zeitintensiv. Mir persönlich macht eben dieses „Basteln“ an den Gängenviel Spaß, auchwenn das Geduld und Fingerspitzengefühl verlangt. Das ist sicherlich schwerer verdientes Geld. Aber für mich muss das Pferd bitte fünf Gänge haben. INTERVIEW Viktoria Große über Brandenburg, Islandpferde und den Klimawandel »FÜR MICH MUSS EIN PFERD FÜNF GÄNGE HABEN.«
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