LANDURLAUB BRANDENBURG 2021

22 LANDURLAUB BRANDENBURG KULTURSCHÄTZE eigenes Fach anerkanntwurde. In einer seiner Schriften erwähnt er auch die „Schanze von Raddusch“, die er auf seinen Reisen durch die Lausitz entdeckt hatte. In den 1950er-Jahrenwurde das Gebiet um den rätselhaften Hü- gel unter Schutz gestellt, Ende der 1980er-Jahre began- nen schließlichMitarbeiter der Akademie derWissen- schaften, hier zu graben. Was sie fanden, waren die Reste eines Burgwalls und eines Burggrabens. Da es in dem Gebietwenig Steine gab, bestand die Burg aus Eichenholz und einem Lehm-Sand-Gemisch und musste immer wieder ausgebessertwerden. Auch für die eigentümliche runde Form gibt es eine strategische Erklärung: Sie bot potenziellen Feinden keine Ecken zumAngreifen. Allerdingswar die Slawenburg von Raddusch – die jetzigewurde zwischen 1994 und 2003 originalge- treu nachgebaut – nicht die einzige in der Gegend. ZumTeil sollen die Burgen so dicht beeinander­ gestanden haben, dass sich die Bewohner mit Feuer- zeichenvor Angreifernwarnen konnten. „Dass diese konkrete Burg im 12. Jahrhundertwieder aufgegeben und danach kaum benutztwurde, war ein Vorteil“, sagt der Experte. „Deshalb ist relativ viel erhalten geblieben.“ Und die Lusici selbst? Anders als die Germanenwander- ten sie nicht ab. Vielmehr gingen sie in der nachrücken- den deutschen Bevölkerung auf. „Früher sprach man in der Ausstellung von ,Eroberung‘ durch die Deutschen“, meint Lipsdorf. „In der neuen Ausstellung ist stattdes- senvom ,Landesausbau‘ die Rede. Denn derwurde von beiden Gruppen gemeinsam betrieben.“ Nicht nur solche Details kommen in der neu eröffneten Ausstellung zumTragen. Siewurde überhaupt völlig neu gestaltet. Zum einen hatte das Raumklima einigen Expo- naten zugesetzt, sodass sie dringend restauriertwerden mussten. Zum anderenwar es an der Zeit, die Präsenta- tion auch inhaltlich zu überarbeiten. Die aktuelle setzt klare Akzente in Richtung Migration und Umwelt. Weil die Themen gerade imTrend liegen? „Nein, diese The- men haben hier in der Lausitz schon immer eine Rolle gespielt“, wehrt Lipsdorf ab. Und diese Zusammenhän- ge – zum Beispiel auch die von Zu- und Abwanderung infolge des Tagebaus –wolle man herausarbeiten, um da- raus Rückschlüsse auf Gegenwart und Zukunft und ganz allgemein auf die Veränderungenvon Gesellschaften ziehen zu können. Solche Fragen kommen auch bei den thematischen Führungen zur Sprache, die die Slawen- burg nebenvielfachen Veranstaltungen für Schulklassen, Familien und andere Gruppen anbietet. Wie es sich anfühlt, selbstwie die Lusici in einem Sla- wendorf zu leben, können Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene nichtweit von Raddusch entfernt in Lauchhammer erfahren. Dort hat der Verein Lausitzer Wege ein Slawendorf mit urigen Holzhütten, Tipidorf, Wagenburg und Bauerngarten rekonstruiert, das regel- » DER UNIVERSAL- GELEHRTE RUDOLF VIRCHOW ERWÄHNTE IN SEINEN SCHRIFTEN DIE ›SCHANZE VON RADDUSCH‹. « Landwirtschaft: Anders als die Germanen setzten die Slawen auf Viehzucht und Ackerbau Fotos: Wikimedia Commons/Kvikk , Adobe Stock/MoreVector

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